24.08.2023

Frozen Shoulder - Schultersteife


Frozen Shoulder - Schultersteife
– wenn die Schulter plötzlich stark schmerzhaft und steif wird

Sie wachen plötzlich eines morgens auf, und die Schulter beginn ohne erkennbaren Grund zu schmerzen. Oder nach einem Sturz auf die Schulter bestehen anfangs kaum Schmerzen, nach einigen Wochen wird die Schulter aber immer schmerzhafter. Zunächst bestehen die Schmerzen nur bei Bewegungen, nach kurzer Zeit aber sehr ausgeprägt nachts, nicht nur beim Liegen auf der Schulter sondern auch in Rückenlage. Langsam entwickeln sich sogar Schmerzen auch ganz normal in Ruhe. Die Beweglichkeit ist zunächst nicht oder nur wenig eingeschränkt, nach kurzer Zeit wird die Beweglichkeit aber immer schlechter und schmerzhafter.
Wenn ihnen diese Geschichte bekannt vorkommt, leiden sie möglicherweise an einer Frozen shoulder (oder haben einmal darunter gelitten).
Die Frozen shoulder oder Schultersteife ist eine recht häufige Erkrankung. Wir sehen in unserer Sprechstunde whs. zwischen 70 bis beinahe 100 Fälle pro Jahr. Die Ursache der Frozen shoulder ist nach wie vor unklar. Sie tritt gehäuft nach Unfällen oder Operationen auf, immer häufiger aber auch spontan ohne erkennbaren Grund. Typisch sind v.a. die Ruhe- und Nachtschmerzen, welche nicht speziell beim Liegen auf der Schulter vorhanden sind und die leicht verzögert auftretenden Bewegungseinschränkungen.
Die eigentliche Ursache der Frozen shoulder ist nach wie vor unklar! Man kennt aber gewisse statistische Zusammenhänge. So tritt die Frozen shoulder etwas häufiger bei Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) auf, bei Schilddrüsenerkrankungen oder bei Tumoren und/oder Bestrahlungen. Etwas gehäuft kann die Frozen shoulder auch in den ersten Monaten nach Operationen am Herzen auftreten. Dabei handelt es sich aber nur um statistische Auffälligkeiten, der genaue Zusammenhang ist dabei unklar!
Klar ist hingegen, dass es aus irgendeinem (häufig jedoch unbekanntem) Grund zu einer starken Entzündung der Gelenkkapsel der Schulter kommt und dass sich die Gelenkkapsel als «Überreaktion» auf diese Entzündung zusammenzieht, quasi schrumpft, was zu den häufig sehr ausgeprägten Bewegungseinschränkungen führt.


Typischerweise verläuft die Frozen shoulder in drei Phasen:

1. Die Entzündungsphase: Plötzlich treten (häufig ohne erkennbaren Grund) Schmerzen in der Schulter auf, anfänglich v.a. Bewegungsschmerzen, nach kurzer Zeit aber auch Ruhe- und v.a. Nachtschmerzen. Die Beweglichkeit ist anfänglich kaum eingeschränkt. Mit einigen Wochen Verzögerung nach Auftreten der Schmerzen wird aber auch die Beweglichkeit der Schulter immer schlechter, wobei schnelle Bewegungen besonders schmerzhaft sind.
2. Die steife oder gefrorene Phase: Die Ruhe- und Nachtschmerzen verschwinden immer mehr. Allerdings ist die Beweglichkeit nach wie vor meist stark eingeschränkt und die endgradigen und v.a. schnellen Bewegungen sind noch immer schmerzhaft.
3. Die Erholungsphase: Langsam aber stetig verbessert sich die Beweglichkeit der Schulter unter konsequenter Physiotherapie und v.a. unter häufigen und regelmässigen selbständigen Bewegungsübungen. Bis die normale Beweglichkeit wieder erreicht wird, dauert es aber häufig mehrere Monate, in besonders hartnäckigen Fällen teilweise sogar über ein Jahr!

Therapie der Frozen shoulder:

Die wichtigste Therapie ist meist eine frühzeitige Cortisonspritze ins Gelenk (idealerweise unter Röntgenkontolle), je nach Situation ev. gleichzeitig auch noch in den Schleimbeutel unter dem Schulterdach. Durch das Cortison kann die Entzündung rasch bekämpft werden. Dadurch verschwinden die Ruhe- und Nachtschmerzen in der Regel bereits innerhalb ein bis zwei Wochen praktisch vollständig und man gelangt früher von der Entzündungs- in die steife Phase. Da dadurch meist wieder ein deutlich besserer Schlaf ermöglicht wird, steigt auch die Lebensqualität wieder deutlich an. Mit einer frühen Cortisonspritze kann der Verlauf im Idealfall um mehrere Monate verkürzt werden! Auf das Endresultat hat die Spritze allergings keinen Einfluss!
Unterstützend können auch Medikamente und Vitamine eingenommen werden. Hier haben v.a. Vit. C (z.B. Redoxon + Zinc®), Vit. D3 (Vi-De 3 Trp.®) und Calcium (Calcimagon® oder Calperos®) einen leichten entzündungshemmenden Effekt auf die Gelenkkapsel. Auch klassische «Entzündungshemmer» wie Voltaren® oder Ponstan® haben einen unterstützenden Effekt, ev. auch muskelentspannende Medikamente wie Sirdalud®.
Sobald die Ruhe- und Nachtschmerzen verschwunden sind, sollen mind. sechsmal, besser zehnmal tgl. für knapp eine Minute mehrere Dehnungsübungen für die Schulter durchgeführt werden, um die Beweglichkeit wieder zu verbessern. In dieser Phase geht es darum, die Gelenkkapsel mit «sanfter Gewalt» wieder aufzudehnen. Zu extreme Belastungen sollten in dieser Phase aber noch vermieden werden, da sonst eine erneute Entzündung der Gelenkkapsel provoziert werden kann und diese sich als Reaktion auf die Entzündung wieder zusammenzieht. Dann würde auch die Beweglichkeit wieder schlechter werden. In dieser Phase verbessert sich die Beweglichkeit über viele Wochen bis mehrere Monate in der Regel langsam aber stetig, wobei insgesamt aber ein leicht wellenförmiger Verlauf der Verbesserung besteht! Das in dieser Situation noch Schmerzen in den endgradigen und v.a. in schnellen Bewegungen bestehen ist absolut normal und durch den Dehnungsschmerz der noch verengten Gelenkkapsel bedingt! Der Ruheschmerz (der Entzündungsphase) sollte jedoch verschwunden sein. Falls nicht, muss ev. eine zweite Cortisonspritze evaluiert werden. Dies ist jedoch sehr selten notwendig. Sobald einmal eine deutliche Verbesserung der Beweglichkeit eingetreten ist, darf mit einer zwar langsamen aber stetigen und meist praktisch vollständigen Erholung der Frozen shoulder gerechnet werden!
Glücklicherweise erholt sich die Frozen shoulder in fast allen Fällen von selbst wieder praktisch vollständig und eine Operation nur wegen der Frozen shoulder ist fast nie notwendig. In den letzten knapp vier Jahren musste in unserer Praxis nur eine einzige Patientin mit einer Frozen shoulder operiert werden, eine von whs. knapp 300 Patientinnen und Patienten in diesem Zeitraum!

©Oliver Bassi