20.01.2021

Wenn der «Ischias» jede Bewegung zur Qual macht


Wenn der «Ischias» jede Bewegung zur Qual macht
Akute Lumbago

Eine unglückliche Bewegung beim Bücken, einmal etwas Schweres falsch gehoben – und plötzlich durchzuckt einen ein heftiger Schmerz. Das Bein «elektrisiert» und jede Bewegung wird zur Qual. Oft steckt hinter diesem Phänomen der längste und dickste Nerv im menschlichen Körper - der Ischiasnerv. Der Nervus ischiadicus bündelt sich aus dem Rückenmark im Lendenwirbelbereich und zieht über das Gesäß, die Rückseite der Oberschenkel und Rückseite der Unterschenkel bis in die Füsse. Seine Nervenfasern steuern die Muskulatur der Beine und beinhalten Fasern für die Wahrnehmung und Sensibilität der unteren Extremitäten. Er ist der stärkste und mächtigste Nerv im menschlichen Körper.

Bandscheibenvorfall Model
Symptome und Ursachen der Ischialgie

Symptome, die von dem Ischiasnerv ausgehen werden Ischialgien genannt. Typischerweise treten Stromschlag-ähnlichen oder ziehenden Schmerzen entlang des Nervenverlaufs auf. Es können aber auch Missempfindungen wie Taubheitsgefühlen, Kribbeln oder Brennen auftreten. In schwereren Fällen treten Muskelschwächen oder sogar Lähmungserscheinungen auf. Patienten nehmen oft eine Schonhaltung ein und hinken. Durch den Schmerz und Ausweichbewegungen verkrampft sich die Muskulatur des unteren Rückens und kann in die Beine und den Oberkörper ausstrahlen. Insbesondere statische Körperhaltungen, wie beim Sitzen, Liegen und Stehen verstärken die Schmerzen. Gehen und Anwinkeln der Beine führt zu einer Verbesserung
Ursache ist eine Reizung/Entzündung des Nervens, der durch Druck auf seine Nervenfasern ausgelöst wird. Die engsten Stellen befinden sich in der Wirbelsäule selber, dem Rückenmarkskanal und dem Nervenaustrittspunkt seitlich der Wirbelsäule, dem Neuroforamen. Dieses tritt zum Beispiel bei einem Bandscheibenvorfall auf. Aber auch Muskelverspannungen, Reizungen nahegelegener Strukturen wie bei einer Facettengelenksarthrose oder einem Iliosakralgelenk-Syndrom können «Ischias»-Symptome verursachen, ebenso wie Muskeleinengungen, wie bei einen M. Piriformis-Syndrom der Hüftmuskulatur.

Massagen des unteren Rücken
Diagnostik und Therapie der Ischialgie

Es ist wichtig vor der Einleitung einer Therapie die genaue Ursache der Beschwerden zu kennen. Nebst der gründlichen orthopädischen Untersuchung ist auch eine Bildgebung des Rückens notwendig. Am hilfreichsten ist die Magnettomographie zur Beurteilung der weichen Gewebestrukturen. Bei Klaustrophobie oder knöchernen Fragestellungen bedienen wir uns auch der Computertomographie. Nur sehr selten ist eine Abklärung beim Neurologen notwendig.
Je nach Ursache, Schwere und Dauer der Beschwerden stehen unterschiedlichste Behandlungsoptionen zur Verfügung. Die Therapie kann stufenweise ausgebaut werden. Bei leichteren Beschwerden ist oft schon eine Selbstbehandlung ausreichend. Wärmeanwendungen im Rückenbereich und Entlastung des Zuges auf den Ischiasnerv, z.B. Hochlagerung der Beine im Stufenbett, und auch die Einnahme von leichten Schmerzmitteln schafft eine Linderung. Sind diese Massnahmen nicht mehr ausreichend sollte eine professionelle Behandlung mit Physiotherapie oder Osteopathie erfolgen und die Schmerzmittel mit dem Orthopäden eingestellt werden. Eine angeleitete Heimbeübungstherapie zum Muskelerhalt und Dehnung ist notwendig und verringert das Risiko eines Rückschlages.
Die Einengung und die Entzündung des Nervens kann durch den interventionellen Schmerztherapeuten direkt mit einer wirbelsäulennahen Infiltration angegangen werden. Hierbei wird unter Röntgendurchleuchtung entzündungshemmende Cortikosterioide an den Nerv gespritzt, was zu einer Reizunterdrückung uns Abschwellung und somit zu Beschwerdebesserung führt.
Eine Operation ist nur in seltenen Fällen notwendig – dann, wenn gravierende neurologische Probleme, wie Lähmungen, Harnverhalt oder schwere Taubheiten, auftreten, oder wenn die konservative Therapie keinen Erfolg mehr erbringt.

© Ben Schulz