31.08.2020

Warum „Kinematic Alignement“..


Warum „Kinematic Alignement“..
Knieprothesenplanung nach Kinematik Alignement (Grafik Medacta)
Überlegungen und erste Arbeiten zum kinematischen Ausrichten einer Prothese sind nicht neu. Bereits 1993 hat man erste Überlegungen dazu veröffentlicht, wobei die Technik erstmals 2006 in klinischen Serien erprobt wurde. Bis dahin wurden Knieprothesen mehrheitlich mechanisch ausgerichtet.
Bei dieser mechanischen Ausrichtung einer Knieprothese wird die zweidimensionale (2D) Ausrichtung des Kniegelenkes zur Beinachse berücksichtigt (z.B. X- oder O-Beine). In den letzten Jahren konnte man zeigen, dass durch den Einsatz der intraoperativen Navigation oder der computerassistierten Navigation vor dem Eingriff (sog. „Prä-Navigation“ oder „patientenspezifisches Instrumentarium“) die Prothesenausrichtung deutlich genauer ist und sich näher an der natürlichen und individuellen Biomechanik des Kniegelenkes orientiert, als es mit der herkömmlichen analogen Ausrichtung möglich wäre.

Die mechanische Ausrichtung der Extremität weist allerdings eine hohe inter-individuelle Varianz auf, resp. verändert sich im Laufe der Zeit. Diese Variabilität erklärt wahrscheinlich, warum nur 2% der Gliedmassen „Normwerte“ aufweisen und sich daher der Bandapparat des Kniegelenkes der „neuen Biomechanik der Knieprothese“ anpassen muss. Dies mag ein Hinweis darauf sein, warum eine „Standardprothese“ oder eine „standardisierte Implantation“ in ca. 20% zu Restbeschwerden führt.

„Kinematischen Ausrichtung“

Die kinematische Ausrichtung berücksichtigt die Ausrichtung der Prothesen-Komponenten im dreidimensionalen Raum. Das Ziel ist die Wiederherstellung der normalen dreidimensionalen Biomechanik des Kniegelenkes, welche wesentlich durch die Lage des Kniegelenkes im Raum und der Spannung des Kapsel-/Bandapparates bestimmt wird.

Intraoperativ wird die kinematische Ausrichtung mit patientenspezifischen Instrumenten ermöglicht, welche auf einem präoperativ durchgeführten CT- oder MRI-Planung basieren. Die kinematische Ausrichtung wird durch entsprechendes Anpassen der Schnittebenen in Streckung und Beugung ermöglicht. Dabei respektiert man in einem gewissen „Umfang“ die Kinematik des individuellen Kniegelenkes. Das Ziel ist somit die korrekte Balance der Strukturen und nicht die statistisch-gerade Beinachse. Die Gelenksebene des Knies wird parallel zum Boden auf dem wir stehen ausgerichtet. Dies führt zu einem wesentlich besseren Gefühl von Stabilität und „Vertrauen in das neue Gelenk“
Vergleichsstudien zeigen ermutigende Resultate mit insgesamt besserer Kniefunktion, Kniegelenksstabilität und höherer Patientenzufriedenheit.

Um die Technik zu erlernen bedarf es der fundierten Kenntnis der aktuellen Studienlage zu diesem Thema, sowie entsprechend praktischer Erfahrung.
Das „kinematic alignement“ ist sicherlich nicht die letzte Entwicklungsstufe in der Knieprothetik, aber wahrscheinlich ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

© Dirk Lehnen