15.05.2021

„Stoßdämpfer“ im Knie – Meniskus


„Stoßdämpfer“ im Knie – Meniskus
Menschen sind keine Fahrzeuge! Aber auch wir wollen nicht durchgeschüttelt werden bis etwas klappert. Unser Körper hat viele «Bauteile», die uns vor Erschütterungen und Schlägen schützen und unsere Bewegungen sanfter machen. Menisken sind einer dieser "Bauteile". Die Menisken, es gibt einen Innen- und einen Aussenmeniskus, sind ein wichtiger Bestandteil des Kniegelenkes. Die Oberflächen des Oberschenkels und die des Schienbeinkopfes passen nicht kongruent zusammen, wie z.B. bei einem Kugelgelenk wie dem Hüftgelenk. Diese Inkongruenz ist für die komplexe Dreh-Gleit-Rollbewegung des Kniegelenkes wichtig, führt aber am Knorpel zu punktuellen Belastungen. Ein Meniskus fügt sich mit seiner Halbmondform und dem dreieckigen Querschnitt perfekt in das Kniegelenk ein, so dass die Krafteinwirkung gleichmässig verteilt, vom Oberschenkel auf den Schienbeinkopf, übertragen werden kann und so das Gelenk «dämpft». Das schützt das Kniegelenk vor übermäßiger Abnutzung.

Ein Meniskus kann über viele Mechanismen geschädigt werden. Prinzipiell kann man aber Verletzungen aufgrund von akuten Unfallereignissen von Verletzungen unterscheiden, die durch einen altersbedingten Verschleiss entstehen. Akute Verletzungen kommen häufig bei Stop-and-Go und Sportarten mit Drehbewegungen im Knie wie Fußballspielen oder beim schwunghaften Skifahren vor. Insbesondere gefährden auch andere Knieverletzungen wie der Kreuzband- oder Seitenbandriss den Meniskus.
Zum Anderen macht der altersbedingte Verschleiss, zum Teil aber auch Erkrankungen wie Chondrokalzinose, den Meniskus spröder und brüchiger, so dass er schon bei Bagatellverletzungen einreissen kann.

Kniemodell mit Meniskus (schräge Ansicht)

Menisken von oben gesehen auf dem Schienbeinkopf liegend
Doch der puffernden Meniskusknorpel ist recht sensibel. Verletzungen sind daher häufig.
Vorwiegend ist der Innenmeniskus betroffen. Warum? Er ist deutlich straffer im Knie befestigt als sein außenseitiges Pendant. So kann er manchen Kniegelenksbewegungen weniger flexibel folgen und macht ihn verletzungsanfälliger. Beim Kniebeugen rutschen der Meniskus nach hinten – und je nach Gelenkstellung - muss er gleichzeitig zur Seite gleiten und sich dazu teils noch in der Achse drehen. Kann der Meniskus dieser komplexen Bewegung nicht standhalten, wird er im Gelenk eingequetscht und kann reissen. Die begleitende Gelenkentzündung führt dann zu Schmerzen, da der Knorpel selbst keine Nerven hat. Wenn Meniskusteile sich zwischen das Gelenk schieben kann es sogar zu Blockaden kommen.

Meniskusläsion "Radiärriss"
Die Medizinische Sicht verändert sich.
Noch bis in die 1960er-Jahre hielt die Medizin die Menisken für funktionslose Gewebeteile. Deshalb wurden die „Stoßdämpfer“ bedenkenlos entfernt, sobald sie Probleme bereiteten. Zwar konnte schnell der Schmerz genommen werden, aber das Arthroserisiko stieg mehr als das Sechsfache. Bis in die 1980er-Jahre dauerte das Umdenken. Seitdem versuchen wir als Sportmediziner und Orthopäden, Menisken nicht zu opfern und wenn es geht zu reparieren oder zumindest teilweise zu erhalten.

Meniskus nach Teilentfernung

Nicht jeder Meniskusriss muss operativ versorgt werden – es gibt gute konservative Behandlungsmöglichkeiten: etwa Physiotherapie, Aufbau der kniestabilisierenden Muskeln oder auch Injektionsmaßnahmen. Zwar regeneriert sich der Meniskus nicht oder heilt ein Riss, da aber der Knorpel selber kein Schmerzempfinden hat kann man, wenn man die Kniegelenksreizung reduziert auf diese Weise das Leben mit dem Meniskusschaden komfortabel machen. Allerdings muss man beachten, dass ein kaputter «Stoßdämpfer» im Knie den Verschleiß des normalen Gelenkknorpels, und damit eine Arthrose fördert.

Meniskusrefixation mit Fadenanker (Arthrex)
Bei anhaltenden Schmerzen oder starkem Leidensdruck muss jedoch eine Operation diskutiert werden. Der Meniskusschaden kann fast immer mit einer Arthroskopie (Kniegelenkspiegelung) angegangen werden. Die ist ein minimalinvasiver Routineeingriff mit sehr geringem Komplikationsrisiko.

Meniskusnaht in der Arthroskopie
Das Operationsverfahren richtet sich nach der Form der Schädigung und weniger nach dem Alter. Wenn eine komplexe Rissform vorliegt und die Meniskusqualität schlecht ist sollte man keine Reparatur versuchen, sondern nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich von dem Meniskus entfernen, so dass der Restmenikus noch eine Pufferfunktion erhalten kann.
Insbesondere bei jungen Patienten sollte jedoch versucht werden den Meniskus zur Reparieren und die Funktion wieder herzustellen. Man kann einen Meniskus «nähen», was häufig mit kleinen Fadenankern gemacht werden kann. Nach einer solchen Operation muss man allerdings dem Meniskus die Möglichkeit geben zu verheilen. Eine Nachbehandlung mit Teilbelastung ist dann notwendig.
Auch "besondere" Rissformen, wie die Rampenläsion oder ein Meniskuswurzelausriss kann arthoroskopisch behandelt werden.

Ob eine Mensikusläsion konservativ behandelt werden kann, oder eine Operation notwendig ist – ein Meniskussriss kann sehr gut behandelt werden mit grosser Zufriedenheit der Patienten.

© Ben Schulz