20.06.2020
Aktuelles aus der Stosswellentherapie
Fokussierte Stosswellentherapie - Heilende Schläge
Stosswellen sind hochenergetische Impulswellen, die über ein «ultraschallähnliches» Gerät auf die Haut appliziert werden, von wo sie gebündelt in die Tiefe des Gewebes fortgeleitet werden und dort besonders im kranken Gewebe ihre Wirkung entfalten können.
Die durch diese hochenergetischen Wellen verursachten mechanischen Reize bewirken im gereizten Gewebe v.a. eine Aktivierung des Zellstoffwechsels, eine verbesserte Durchblutung und einen entzündungshemmenden Effekt. Letztgenannten Effekt nützt man v.a. bei Sehnenentzündungen, am häufigsten beim Tennis- und Golferellbogen oder bei Achillessehnenbeschwerden, besonders, wenn die Sehne direkt am Knochenansatz schmerzhaft ist.
Zusätzlich können fokussierte Stosswellen durch ihre starken Impulswellen Verkalkungen z.B. in Sehnengewebe zertrümmern, wonach diese zerkleinerten Kalkstücke in Kombination mit der verbesserten Durchblutung einfacher vom Körper abgebaut und abtransportiert werden können. Typischerweise wenden wir die fokussierte Stosswellentherapie bei der «Kalkschulter» mit häufig verblüffenden Ergebnissen an!
Andererseits können aber v.a. in Knochen durch die verbesserte Durchblutung und den aktivierten Stoffwechsel Verkalkungen gefördert und dadurch die Heilung angeregt werden. Somit macht die Anwendung v.a. bei Brüchen mit verzögerter oder ausbleibender Knochenheilung Sinn (sogenannte Pseudarthrosen).
In der Folge möchte ich zwei sehr schöne «Erfolgsstories» nach Stosswellentherapie aus unserem Praxisalltag präsentieren.
Kalkschulter
Im ersten Fall handelt es sich um eine 50-jährige Patientin, welche sich in unserer Sprechstunde mit seit bald einem Jahr bestehenden anfänglich nur leichten Bewegungsschmerzen in der Schulter vorgestellt hatte. In den letzten Wochen vor der Konsultation waren immer mehr Ruhe- und Nachtschmerzen hinzugekommen.
Die Röntgenbilder haben ausgedehnte Verkalkungen in den Sehnen der Rotatorenmanschette (v.a. Supra- und Infraspinatussehne) gezeigt.
Grosses Kalkdepot der Supraspinatussehne
Da akute Schmerzen bei der Kalkschulter häufig in Phasen des Umbauprozesses auftreten, entschieden wir uns für 6 Sitzungen fokussierter Stosswellentherapie jeweils ca. im Wochenabstand. Die Röntgenkontrolle 6 Wochen nach der letzten Stosswellentherapie-Sitzung zeigte das folgende Resultat, wobei zwischen den Bildern vor (jeweils links) und nach (jeweils rechts) der Stosswellentherapie insgesamt 11 Wochen liegen.
Das Kalkdepot hat sich weitestgehend aufgelöst
Ausbleibende Knochenheilung
Der zweite Fall handelt von einer 61-jährigen Patientin, die 8 Monate zuvor auf den linken Arm gestürzt war und sich dabei einen nicht verschobenen Bruch des Speichenköpfchens und v.a. einen kaum verschobenen Bruch der Elle zugezogen hatte.
Auswärts wurde korrekterweise die konservative Therapie entschieden, der Ellbogen wurde in einem Gips für 6 Wochen ruhiggestellt. Leider blieb jedoch die Knochenheilung trotz Verlängerung der Ruhigstellung in einer Ellbogenschiene für weitere 4 Wochen aus. Da sich in den Röntgenbildern nach 7 Monaten immer noch keine Knochenheilung zeigte und die Patientin unter erheblichen Schmerzen litt, wurde ihr eine grosse Operation des Ellbogens empfohlen.
Die Patientin stellte sich in der Folge bei uns zur Zweitmeinung mit den folgenden Röntgenbildern 8 Monate nach dem Bruch vor. V.a. im seitlichen Röntgenbild ist der Bruch noch sehr gut zu erkennen!
Ausbleibende Knochenheilung des Bruchspaltes am Ellbogen
Die vorgeschlagene Operation war sicher korrekt. Es handelt sich dabei jedoch um einen grossen Eingriff mit dementsprechend nochmals sehr langer Nachbehandlung und Ruhigstellung. Die Patientin stellte deshalb die Frage nach einer Alternative, woraufhin wir ihr erklärten, dass ein Versuch mittels fokussierter Stosswellentherapie gemacht werden könnte. Wir erklärten ihr aber auch, dass 8 Monate nach dem Bruch ein sehr später Zeitpunkt für die Stosswellentherapie sei und wir ihr daher die «Erfolgswahrscheinlichkeit» der Therapie nicht voraussagen können. Da die Patientin aber nichts zu verlieren hatte, entschieden wir uns für 6 Sitzungen fokussierter Stosswellentherapie im Wochenabstand mit zusätzlicher Ruhigstellung mittels Ellbogenschiene, welche aber mehrmals täglich für Bewegungsübungen und für die Physiotherapie abgenommen wurde.
Die Röntgenkontrolle 6 Wochen nach der letzten Stosswellentherapie-Sitzung ergab das folgende Ergebnis, wobei zwischen den Bildern vor (jeweils links) und nach (jeweils rechts) der Stosswellentherapie insgesamt 14 Wochen liegen
Der Bruchspalt ist nahezu verheilt
Insbesondere in den seitlichen Röntgenbildern sieht man sehr schön, dass sich der Bruchspalt schon weitgehend mit Knochensubstanz aufgefüllt hat, nachdem zuvor währen 8 Monaten der Knochen nicht geheilt war.
Weitere 6 Wochen nach diesen Röntgenbildern war die Patientin von Seiten des linken Ellbogens beschwerdearm, es bestanden keine Schmerzen und nur noch leichte Bewegungseinschränkungen. Somit konnte die Patientin erfolgreich eine grosse Operation am Ellbogen umgehen.
Dies sind zwei sehr anschauliche Beispiele, wie erfolgreich die fokussierte Stosswellentherapie in relativ kurzer Zeit sein kann. Unterstützend kann durch Physiotherapeuten gegebenenfalls auch noch radiäre Stosswellentherapie durchgeführt werden, um die Stoffwechselaktivierung zu verstärken und zu verlängern. Da die radiäre Stosswellentherapie aber nur relativ oberflächlich wirkt, ist sie als alleinige Therapie in den genannten Situationen häufig nicht ausreichend.
© Oliver Bassi